Chimera

Ich bin ein Kind von zwei ganz normalen Menschen. Meine Eltern besassen einen kleinen Kräuterladen indem alle aus der Umgebung und auch Einige von weiter her gerne ihre Kräuterarznei einkauften. Da bereits zu dieser Zeit einige Bewohner nicht über die nötigen Credits für die Kräuter verfügten, gab es bei uns regelmässig Sprechstunden, wo mein Vater und meine Mutter diejenigen berieten, die nicht genügend Credits für Kräuter hatten. Sie erzählten ihnen welche Kräuter für sie am idealsten wären und wo diese zu finden seien. Ab und zu kam es auch vor, dass sie gleich ein paar kleine Mengen an Kräuter frei vergaben.

Ich war bei vielen diesen Beratungen dabei, denn ich faszinierte mich, wie meine Eltern, für Kräuter und deren Wirkung. Mit den Jahren fing auch ich an Personen zu beraten. Die Arbeit machte mir irrsinnig viel Spass. Eines Abends, als ich und mein Vater das Geschäft gerade schliessen wollten kam eine junge Frau angerannt und bat uns um Hilfe. Mein Vater sperrte das Geschäft wieder auf und lies sie schnell rein. Als sie ihren Mantel öffnete, blieb ich wie erstarrt stehen, denn ich hatte noch nie einen solchen Menschen gesehen. Mein Vater blieb ganz ruhig und sah keineswegs erstaunt aus. Er brachte der Frau einen Kräutertee, damit sie sich ein wenig beruhigen kann. Als sich die Frau hinsetzte, tat ich es ihr gleich und musterte sie ganz genau von Kopf bis Fuss. Natürlich merkte sie dies sofort und sagte gleich zu mir „Ich bin Freya“. Ich stammelte daraufhin nur „Salut,… je m‘appelle … Chimera“. „Vous êtes intéressé par mon apparence, il n’y a pas beaucoup de gens ici comme moi? “ („Dich interessiert mein Aussehen, gibt es hier nicht viele Menschen wie mich?“). Erstaunt entgegnete ich „Nein, ich habe noch nie so jemanden wie dich angetroffen, was bist du überhaupt?“ Verständnisvoll antworte sie „Ich bin ein Hybrid, also halb Mensch halb Tier, welches muss ich dir wohl nicht sagen“. Mein Vater unterband unser langsam anlaufendes Gespräch und fragte sie, was sie benötige. Freya meinte, dass sie für Ihre Tochter ein beruhigendes Mittel bräuchte, da diese seit drei Tagen nie mehr als zwei Stunden geschlafen habe und dass doch Baldrian am besten für sie sei. „Dass glaube ich eher weniger, Baldrian wird bei ihrer Tochter sicherlich eher das Gegenteil bewirken, da es bei Katzen aufputschend wirkt und nicht beruhigend“, als mein Vater dieses Gespräch so selbstsicher fortführte mit ihr und sie sich austauschten, was wohl das Beste für Freya’s Tochter sei, hatte ich die Möglichkeit Freya genauer anzusehen. Ihr ganzer Körper war mit einem feinen braunen Fell bedeckt, ihre Füsse waren vielmehr Pfoten als menschliche Füsse. Doch das schönste war ihr Gesicht, es strahlte eine so graziöse Wirkung aus, dass ich meinen Blick zwingen musste weg zu sehen. Gerade als ich es geschafft hatte, mich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren bedankte sich Freya für den Tee und die Ratschläge und wollte sich verabschieden. Wieso weiss ich heute nicht mehr, aber ich fragte sie ohne zu zögern, ob wir uns nicht mal wieder sehen könnten. Ein bisschen überrascht willigte Freya ein, dass sie wieder in den Kräuterladen komme, wenn es ihrer Tochter wieder gut geht.

Nach diesem Abend wartete ich jeden Tag gespannt darauf, wann sie endlich wieder kommen würde. Zwei Monate später, wo ich es schon fast aufgegeben hatte, dass Freya jemals wieder kommt, stand sie in der Geschäftstür und sagte wie nichts gewesen wäre „Hey Chimera, hast du Lust auf einen Spaziergang durch den Wald?“. Ich freute mich so sehr, dass ich vor lauter Freude vergass zu antworten. Freya lachte herzerwärmend und wir gingen, nachdem ich meine Stimme wieder gefunden hatte in den Wald.

Die Jahre vergingen und ich lernte neben meinem Studium in Bio-Engineering mit der Vertiefung Kräuterkunde viel von Freya über Hybriden und die Möglichkeiten wie man selbst zu einem wurde. Eines Tages, als Freya, Najula ihre Tochter und ich wiedermal draussen im Wald waren, kam uns ein riesiger Panzer entgegen mit einem Schwall an Militärmänner. Sie schrien uns an und entgegneten mir, dass ich am besten mich fernhalten sollte von diesen Hybriden, weil sie gefährlich seien. Sie nahmen Freya und Najula fest und führten sie ab. Alleine und total geschockt, lief ich sofort nach Hause und erzählte meinen Eltern was geschehen war. Mein Vater meinte, dass es früher oder später so kommen musste, denn alle Hybriden werden von diesem Konzern eingefangen und für Versuchszwecke verwendet. Völlig entsetzt entgegnete ich, dass dies doch gegen die Menschenrechte sei und dass sich doch jemand diesem Konzern entgegenstellen sollte. So sei eben das Leben sagte meine Mutter, um das Gespräch abzubrechen. Seit diesem Gespräch entfernte ich mich immer mehr von meinen Eltern und begann eigene Nachforschungen über diesen Konzern zu machen. Ich fand heraus, dass sie eine grosse Abteilung Bio-Engineering hatten. Deswegen und in der Hoffnung, dass ich im Konzern mehr über Freya und Najula herausfinden würde, bewarb ich mich nach meinem Abschluss bei ihnen. Da ich die Beste auf meinem Gebiet war, war es ein leichtes Spiel, dass sie mich aufnahmen. Sie waren zwar ein bisschen skeptisch mir gegenüber, da sie wussten, dass ich bei der Festnahme von Freya und Najula dabei war und sie sich fragten, weshalb ich nun bei ihnen arbeiten will. Sie nahmen höchstwahrscheinlich an, dass ich trotz meines Könnens nicht ein grosses Risiko darstelle und dadurch ich gut in ihrem Unternehmen arbeiten kann. Ich forschte Tag und Nacht an Kräutern herum und war innert kürzester Zeit die Beste auf dem Gebiet der Kräuterveränderung. Dadurch gewann ich ausserhalb des Konzerns viel Anerkennung und einige Auszeichnungen. Trotz meiner Bemühungen irgendetwas über Freya und Najula herauszufinden, tappte ich nach zwei Jahren immer noch im Dunkeln. Deswegen entschied ich mich konkretere Massnahmen zu ergreifen und fragte an, ob ich selbst ein Hybrid werden könnte. Ich schlug dem Konzern vor, dass es für sie nur Vorteile haben könnte, wenn ich einerseits ein Hybrid und anderseits eine Mitarbeiterin mit hervorragendem Bio-Engineering Wissen sei. Nach zwei Monaten hin und her, hat sich der Konzern bereit erklärt mir die Umwandlung zu erlauben. Ich wollte zwar auch ein Katzenhybrid werden, wie Freya, jedoch mit noch spezifischeren Eigenschaften. Aus diesem Grund entschied ich mich ein Gepardenhybrid zu werden. Die Umwandlung ging ohne Probleme von statten. Da ich nun auch zu den Hybriden gehörte, wurde ich auch ein Versuchskaninchen für die Konzerninternen-Tests, wobei ich als Mitarbeiterin das Privileg besass auf freiem Fuss zu sein. Während den Tests im Konzern, war ich den Daten über Freya und Najula viel näher als in den letzten drei Jahren. Jedoch hatte ich nie die Zeit die Daten zu suchen, da ich niemals alleine im Labor war. Eines Abends meldet ich dem Abteilungsleiter der Versuchsabteilung für Hybriden, dass ich meine Daten noch nicht eingegeben hätte und dies nur direkt in der Abteilung machen könne, da ich ja die Firewall nicht durchbrechen könne. Er willigte ein, da ich eine angesehene Arbeitskollegin von ihm war. Als ich im Labor war, fing ich direkt an nach Freya und Najulas Akten zu suchen und wurde fündig. Ich fand heraus, dass an ihnen so sehr lange herum experimentiert wurde, bis sie vor knapp einem halben Jahr später starben. Trotz meiner grossen Trauer und meiner wachsenden Wut lud ich ganz vernebelt die Daten herunter auf meinen TAP und wollte so schnell wie möglich aus diesem Konzern raus um die ganze Sache öffentlich zu machen. Zu Hause währenddessen ich die Daten hochgeladen habe, stürmte der Konzern meine Wohnung und wollte mich festnehmen. Ich konnte knapp entkommen und floh auf direkten Weg zu einer alten Bekannten meiner Eltern, mit der ich immer noch regelmässigen Kontakt pflegte. Ich bat Sie mir den TAP zu entfernen und all meine Daten zu löschen, damit ich nicht gefangen genommen werden konnte. Nach einem kurzen heftigen Streit willigte Erina ein den TAP zu entfernen. Nachdem Eingriff floh ich in den Wald wo mich nicht so schnell jemand finden würde, da ich ihn besser als viele andere Menschen kannte.

Zwar waren die Daten über Freya und Najula verloren, jedoch schwor ich mir, dem Konzern immer wieder das Handwerk zu legen so oft es ging.

Eines Tages, als ich gerade Kräuter im Wald sammelte für eine weitere Modifizierung, hörte ich ein rascheln hinter mir. Ich drehte mich ruckartig rum und schlug mein Gegenüber direkt an einen Baum. Als ich dieser Person meine Krallen an den Hals hielt, bemerkte ich, dass es sich um einen Mann mittleren Alters handelte. Er erkannte mich von früher, da er sich für Bio-Engineering interessiert. Milek, versicherte mir, mit meinen Krallen am Hals, dass er mich niemals an den Konzern verraten würde. Ich liess ihn misstrauisch los, da ich mir nicht sicher war, ob dies eine Falle war. Wir unterhielten uns eine ganze Weile. Nach dieser ersten Begegnung freundeten wir uns mit der Zeit an. Milek hatte super Kontakte zum hiesigen Schwarzmarkt und bot mir deshalb an, meine modifizierten Heilkräuter an den Mann zu bringen. Zudem versorgte er mich immer wieder mit neuen Informationen über meinen ehemaligen Konzern, damit ich denen immer wieder mal einen Strich durch die Rechnung machen konnte.

Damit ich nicht mehr im Wald leben musste, welcher während der Nacht sehr gefährlich ist, auch für mich als Gepardenhybrid, bot mir Milek an, eine Wohnung über seinen Namen zu mieten. Ich willigte ein, denn auch wenn die Wohnung in einem sehr schlechten Viertel ist, hat sie ein Dach, welches kein Leck hat. Denn dies war für mich im Wald immer das Schlimmste. Wenn es regnete, wurde ich nass, auch wenn ich mir eine kleine Hütte gebaut hatte, so war diese doch nie ganz Dicht. Dazu kam, dass ich Wasser schlichtweg einfach hasse. Schon nur wenn ich über eine Pfütze laufen muss kribbelt es unter meinem Körper bis hin zu meiner Schwanzspitze.

Mit den Credits, welche nach der Bezahlung der Miete übrig bleiben, bezahle ich Erina, denn sie übernahm nach dem Tod meiner Eltern das Kräutergeschäft und führt es weiter. Sie versorgt mich dafür mit allen notwendigen Lebensmitteln, damit ich diese nicht sonst irgendwo hernehmen muss. Doch das Wichtigste ist, dass ich von ihr regelmässig frischen reinen Baldrian bekomme. In den Wäldern gab es seit einem fehlgeschlagenen Forschungsversuch vor 10 Jahren keinen reinen Baldrian mehr. Erina hingegen kennr noch einen Platz wo reiner Baldrian wächst, diesen will sie mir jedoch nicht verraten. Denn sie weiss, dass ich fast schon süchtig nach Baldrian bin. Denn wenn ich nur ein bisschen Baldrian zu mir nehme, komme ich in einen Rausch. Nur in diesem Rausch kann ich mal kurz vergessen, welche Gräueltaten Freya und Najula angetan wurden und dass ich eigentlich immer noch auf der Flucht bin vor meinem ehemaligen Arbeitgeber.

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