EINS
Ich liege in Sarahs Wohnung auf der Couch. Meinen Kopf mit den blauen Locken habe ich tief im Couchpolster vergraben. Immer wieder schütteln Weinkrämpfe meinen Körper. Wie konnte diese Katastrophe nur passieren?
Nicht einmal Diandro konnte mich vorher trösten. Und er ist verdammt gut wenn es darum geht mich aufzuheitern. Und ich fürchte auch er wird in den kommenden Tagen keine guten Neuigkeiten für mich haben.
Ich denke auch an die anderen Mitglieder meiner „Gang“ – Adora, Chimera, Tesla, Radaria und Brad (Brad Majors, ein talentierter Drohnenjockey, der mir schnell ans Herz gewachsen ist). Wie es ihnen wohl nun geht. Nach der Katastrophe haben wir uns in alle Winde zerstreut. Seither habe ich wenig von ihnen gehört.
ZWEI
Angefangen hat es ganz harmlos. Rosie hat uns einen Auftrag eines lokalen Geschäftsmanns vermittelt. Mr. Lee hat ein China-Restaurant hier in der Gegend. Sein Lokal wird seit ein paar Wochen von einer neuen Gang – den Crazy Devils – tyrannisiert obwohl er Schutzgeld an die eigentlichen Schirmherren der Gegend – die Gang Arapahos – zahlt. Die Arapahos haben offensichtlich kein Interesse die Mitglieder der neuen Gang zu stoppen, die Schaufensterscheiben einschlagen und Geschäfte zerstören. Sie dringen auch in Wohnungen ein, schlagen alles kurz und klein und die Bewohnerinnen krankenhausreif.
Wir haben uns vor Ort ein Bild gemacht, mit Mr. Lee und anderen lokalen Geschäftsleuten gesprochen. Auch die in der Gegend reichlich vorhandenen Überwachungskameras haben viele aufschlussreiche Bilder geliefert.
Offensichtlich sind die Crazy Devils eine Motorrad-Gang mit 15 bis 25 Leuten. Radaria, Chimera und Adora waren auch im Hauptquartier der Arapahos und haben dort mit Cyanus – Radarias Freund und Trainer – gesprochen.
Die schlimme von Cyanus vermittelte Wahrheit ist – die Arapahos bekommen Geld von den Crazy Devils und schauen deshalb weg. Wir vermuten (Tesla oder Brad – wer hatte noch schnell die Idee?) dass die Crazy Devils vom russischen Mob finanziert werden, der seinen Einflussbereich erweitern will.
Auch eine dubiose Immobilienfirma, die vermutlich ihr Portfolio auf Kosten der lokalen Bevölkerung vergrößern will, spielt vermutlich eine Rolle. Doch das liegt alles noch im Dunkeln. Fakt ist – eine Schule mitsamt großzügigem Außengelände soll den Besitzer wechseln.
Selbst mit den Crazy Devils hatten wir schon Kontakt. Drei schwarz gekleidete Männer auf Bikes haben mit uns gesprochen. Radaria hatte ausgiebig Gelegenheit sie anzufauchen. Viel mehr ist aber nicht passiert.
DREI
Wir haben die Idee das Hauptquartier der Crazy Devils zu suchen damit wir an weitere Information kommen. Das ist ganz einfach (was haben wir über ganz einfache Dinge gelernt?). Wir brauchen nur ein Motorrad der Gang, idealerweise ohne Fahrer. Der GPS-Speicher des Bikes wird uns verraten wo das gesuchte Haus ist.
Also verbringen wir die Nacht auf dem Dach einer Pizzeria gegenüber von Mr. Lees Lokal. Aus meiner Datensammlung weiß ich dass die Devils meist in der Nacht zuschlagen.
Und wie bestellt rollen sie zu sechst auf drei Motorrädern durch die Straße unter uns und werfen mit Steinen die Lokalscheiben kaputt. Wir haben uns auf die Lauer gelegt (Tesla und ich auf dem Dach), der Rest der Truppe direkt auf der Straße.
Es sollte ein leichtes sein die bösen Buben vom Motorrad zu schubsen und zu verjagen. Doch leider geht unser Plan katastrophal schief. Unsere subtileren Angriffe via Telekinese schlagen fehl. Adora greift nach ihrer Schusswaffe um ein Motorrad zu stoppen.
Doch womit um Himmels Willen hat sie ihre Waffe geladen? Das erste Motorrad wird von nur einer Kugel vernichtet. Fahrer und Beifahrer werden wie hilflose Puppen in der Gegend herum geschleudert.
Als Adora auf das zweite Motorrad schießt bricht die Hölle los. Ein gewaltiger Feuerball löscht alles Leben in einigen Metern Umkreis aus. Drei Mitglieder der Motorrad-Gang verbrennen hilflos im Inferno.
Auch die anderen Mitglieder der Gang werden von uns außer Gefecht gesetzt, ich muss auch einen Schuss abgeben um meine Freunde zu schützen.
Danach geht alles ganz schnell. Die Leichen und die gefesselten Ganger lassen wir zurück. Vor unserer Flucht schießen wir noch die Straßenbeleuchtung kaputt. Ich fliehe als Sozius auf dem letzten Gang-Bike hinter Brad Majors. Der Rest der Crew flieht auf Bikes und Hoverboards.
Brad und ich lassen das Bike in der Nähe der nächsten UBahn-Station zurück. Den GPS-Speicher kann ich noch schnell auslesen und somit das Hauptquartier der Crazy Devils lokalisieren.
VIER
Wir bleiben alle in Bewegung. Mindestens eine Stunde sind wir unterwegs um unsere vermuteten Verfolger abzuschütteln. Brads Drohne liefert Bilder vom Ort der Katastrophe. Die Polizei und die Rettung haben sich offensichtlich reichlich Zeit gelassen.
Ich heule mich erst bei Diandro aus und bitte ihn seine Fühler auszustrecken um möglichst viel über die Folgen unseres Angriffs in Erfahrung zu bringen.
Schließlich lande ich bei Sarah auf der Couch. Neben mir liegt mein Revolver. In einer Kammer steckt nur eine leere Hülse. Ich möchte nie wieder auf ein anderes Lebewesen schießen. Doch ich ahne, dass mir wohl keine Wahl bleiben wird.
Gemeinsam mit Sarah werde ich die nächsten Schritte planen. Doch zuerst muss ich wieder auf die Beine kommen.
Ich muss das verkraften. Wir haben drei Menschen ermordet. Ohne Not. Ohne angegriffen worden zu sein. Lange Zeit später versiegen die Tränen und ich falle in einen tiefen traumlosen Schlaf. Ich hoffe ich kann wenigstens zum Teil wieder gut machen was ich mit angerichtet habe…