Kill Rex, Episode 1

PROLOG

Durch die bisherigen Runs hat sich auf meinem Konto eine sehr erfreuliche Menge an Credits angesammelt und endlich kann ich mir einen lange gehegten Wunsch erfüllen – ein eigenes Fahrzeug. Vor mir steht nun mein ganzer Stolz – mein neues Bike. Nakamura Steel, Spezialanfertigung, d.h. ein Zweisitzer. Weniger flink (30/60) als die Einsitzerversion aber viel mehr Spaß. Wer fährt schon gern alleine? Als Extras habe ich mir noch eine Nanoeffektlackierung geleistet. Die zusätzlichen Mods sind noch nicht eingebaut. Ich hoffe Tesla wird mir beim Motortuning und beim Einbau der Stroboskopleuchten helfen.

Die Credits für mein Bike kommen zum Teil auch aus dem Verkauf der Daten, die wir den Russen gestohlen und dann via Darknet meistbietend verkauft haben. In dem kleinen Büchlein waren sehr aufschlussreiche Finanz- und Kontodaten enthalten. Die Russen werden es in Zukunft deutlich schwerer mit ihren Geschäften haben. Dafür wird auch Raffaela sorgen, der wir die Daten ohne Gegenleistung überlassen haben.

Während ich noch mein neues Bike poliere trifft eine Nachricht von Rosie ein – sie hat einen neuen Auftrag für uns. Ich zieh mir meine neue gepanzerte Bikerkluft (mit integriertem Sicherheitssystem) an und sattle auf – hui das macht Laune! Kurze Zeit später bin ich dann auch schon im Cosplay-Café, zieh mich in ein praktischeres Outfit um und stell mich hinter die Bar.

Auf der Bar liegt ein Päckchen mit roter Schleife. Was ist da wohl drin? Ungeduldig öffne ich es – und bin mit einem Schlag glücklich wie seit langem nicht mehr. Im Päckchen ist ein Prinzessin Leia-Kostüm! Die Metall-Bikini-Variante! Das kann nur eines heißen – das ist ein Geschenk von meiner Lieblings-Jedi Adora!

Adora versucht noch in Deckung zu gehen als sie mein ohrenbetäubendes Quietschen hört, aber keine Chance. Ich springe sie beinahe an und bedecke sie mit Küssen! Adora! Adora! Adora! Vielen vielen Dank! Demnächst werde ich das Kostüm mit einem Sklaven-Halsband und einer Leine ergänzen, die ich Adora in die Hand legen werde. Ich bin schon auf ihr Gesicht gespannt! Und Ehrensache – das Kostüm behalte ich für heute im Cosplay an – zum sichtlichen Gefallen von Rosie.

Die ersten beiden die mich als Leia genießen können sind Chimera und Lilian – eine flüchtige Bekannte von mir. Sie bekommen jeweils ihre Lieblingsdrinks von mir serviert.

Lilian – nun ja – wow – wie soll ich sie beschreiben? Sie ist einfach ein überirdisches Wesen. Zu schön und erotisch für diese Welt. Ihre Katzenohren und ihre felinen Gesichtszüge sind ja außergewöhnlich hübsch. Aber wahrhaft umwerfend sind die beiden glitzernden  Flügel die ihrem Rücken entwachsen. Selbst wenn sie wie heute nur Jeans und ein einfaches Top trägt hat sie eine unwiderstehliche Ausstrahlung. Aus einem Gespräch zwischen ihr und Adora erfahre ich, dass sie als Escort arbeitet.

EINS

Der neue Auftrag – den wir in einem Hinterzimmer des Café besprechen – kommt wie der letzte von Dorothy von CRC Records. Begleitet wird sie heute von einer ca. 50jährigen Frau, deutlich kleiner als sie (1,60m), ebenfalls Afrikanerin, mit steifer Körperhaltung. Die Dame heißt Sami, ist Mitgründerin von CRC Records, die Frau von Rex Richardson und hat die letzten Jahre in einer virtuellen Gefängniswelt verbracht, was sie sichtlich gezeichnet hat. Für Drogenhandel, Autoschieberei und Steuerhinterziehung ist offensichtlich ein hoher Preis zu zahlen.

Aber das ist alles Vergangenheit. Demnächst feiert CRC die Wiedervereinigung von Rex und Sami mit einer großen Gala bei der auch Liu und sein Backgroundsänger Jeremiah im Hotel Palace Royal auftreten werden. Erst später erfahre ich, dass die beiden Söhne von Rex und Sami sind. Entzückend – ich habe also mit Samis Mann und ihrem Sohn geschlafen, das sollte ich ihr lieber nicht auf die Nase binden.

Unser Auftrag ist es die Gala zu verhindern und wenn möglich das Label CRC zu ruinieren. Sami hat offensichtlich eine große Rechnung mit Rex zu begleichen. Nur die beiden Sänger dürfen nicht zu schaden kommen und unsere Auftraggeberin sollten wir natürlich auch nicht in Schwierigkeiten bringen. Für wohlfeile 5.000 Credits (1.000 Anzahlung) verspricht das einigen Spaß – wir (Adora, Lilian, Tesla, Chimera et moi) nehmen den Auftrag an!

Und wieder einmal ist Informationen sammeln angesagt: CRC Record war vor einiger Zeit in finanziellen Schwierigkeiten. Das Label war berühmt und berüchtigt: Drogen, Steuertricks und gestohlene Fahrzeuge waren Thema in der Firmengeschichte wie auch in den Songs von CRC. Das Geld soll immer Rex „besorgt“ haben, Sami war für den Aufbau des Labels zuständig. Als Sami dann ins Gefängnis ging war die Empörung groß – sie soll den Kopf für alles hinhalten? Wobei der Löwenanteil wahrscheinlich auf das Konto von Rex ging? Aber Samis Geständnis deckte sich damals sehr gut mit den Indizienbeweisen…

Wir beratschlagen wie wir Rex diskreditieren können – gar nicht so einfach bei so einem berüchtigten Kerl. Wir erhalten zumindest viele nützliche Informationen über Rex von Dorothy: seine Kontakte, seine Terminkalender, eine Lieferantenliste für die Gala.

Gut – die Informationen sind nützlich. Aber so richtig weiter kommen wir damit nicht. Wir werden also mit Rex auf Tuchfühlung gehen. Lilian und ich werfen uns in heiße Outfits mit dem Thema Engelchen (Lilian) und Teufelchen (Amine) und schicken Rex ein Selfie mit der Unterschrift „Uns ist langweilig!“. Und bekommen vorerst keine Antwort. Seltsam. Erst als wir eine heiße Videobotschaft an Rex schicken – „Zeig uns deinen Lieblingsclub!“ – meldet sich Rex und sagt ein Treffen für morgen um 22h30 im Club Pharaoh zu. Gut!

Adora und Chimera gestalten den Abend ganz anders. Sie fahren in die Berge um dort Zutaten für eine Drogen-Tinktur zu sammeln. Vielleicht können wir damit Rex zusetzen. Ich erfahre später, dass sie sehr erfolgreich gesucht haben.

Tesla wiederum setzt sich in seine Werkstatt ab um an der Drohne zu arbeiten, die wir im letzten Run erbeutet hatten. Ich helfe ihm noch schnell mit der Umprogrammierung. Danach nehmen Lilian und ich ihn in die Mitte und verschleppen ihn in den Club Pharaoh um die Lage für morgen auszukundschaften. Das Pharaoh ist ein Mittelklasseclub für junge Leute mit Geld, Anzugträger verirren sich selten hierher.

Lilian trifft eine Escort-Kollegin, die mit dem Sohn eines Konzernmanagers hier ist. Nach ein wenig Smalltalk erfahren wir, dass Rex regelmäßig hier im Club ist. Und das war es auch schon mit Informationen. Ein angeblicher Freund von Rex versucht mich zu verführen, seine Geschichten sind jedoch so hanebüchen, dass ich mich zusammenreißen muss um ihn nicht auszulachen und ihn bald stehen lasse.

Den Rest des Abends vertreibe ich mir mit lustigen Trinkspielchen mit Tesla. Lilian und ich bringen ihn nach Hause und stecken ihn ins Bett. Und ich bring dann noch Lilian nach Hause. Irgendwie finde ich seltsam, dass dann jede(r) im eigenen Bett schläft – aber ich manchmal entwickeln sich die Dinge ein wenig langsamer.

ZWEI

Am nächsten Morgen klappern wir Rex Lieblingslokale und landen in der „Modern Lounge“ – einem Lokal, das ab 6 Uhr geöffnet hat und ein exzellentes Frühstück serviert. Wir versinken in den bequemen Sofas und recherchieren wieder ein wenig zu CRC. Das Label liegt im Clinch mit Falcon Records. Sami teilt uns mit, dass wir wahrscheinlich nichts in Rex Wohnung finden werden, das ihn belastet.

Ein paar Tische weiter sitzen ein Anwalt und sein Mandant. Lilian findet heraus, dass der Anwalt in der Kanzlei arbeitet, die auch Rex Richardson vertritt und bändelt mit ihm an. Ergebnis: ein hoffnungsvoller Anwalt der Kanzlei Tuckman and Sons und sein Kollege, dessen Client Rex ist haben heute ein Vierer-Date mit Liliane und mir in der Avocado-Bar! Wow!

Wir versuchen auch das Stichwort „Drogen“ in unsere Recherche zu CRC einfließen zu lassen. Es gab zwei Drogentote, die vorher Konzerte von CRC besucht hatten. Beide Frauen waren ca. 20 Jahre alt, auffallend hübsch und wurden im Industriegebiet im Süden der Stadt gefunden. Lilianes „Escortagenturbesitzer“ (ich verkneif mir unschmeichelhaftere Bezeichnungen) kannte zumindest eine von den beiden – sie war auch Escortdame!

Der Vormittag bringt keine weiteren Erkenntnisse. Wie ausgemacht stehen Lilian und ich um 17h30 vor der Avocado-Bar und warten auf die Anwälte. Ich war vorher noch beim Friseur und habe mich hübsch machen lassen – ich möchte doch neben Lilian nicht wie ein hässliches Entlein aussehen. Wir bieten den fünf Minuten später eintreffenden Anwälten jedenfalls einen prächtigen Anblick!

Maxwell (der ältere der beiden) und Rick sind sichtlich erfreut und bei Cocktails und Fingerfood kommen wir schnell ins Plaudern. Ich lenke Rick ab damit Lilian Maxwell in Ruhe aushorchen kann.

Wir erfahren, dass Maxwell nur für Rex Richardson arbeitet, Sami hat ihren eigenen Anwalt.hat. Die bevorstehende Wiedervereinigung der beiden sorgt jedenfalls für reichlich Arbeit für ihn. Maxwell deutet auch an, dass Rex Dreck am Stecken hat.

Die Zeit vergeht wie im Flug bei der Verabschiedung lädt Maxwell Liliane zur Gala ein und Rick fragt ob ich auch über die gleiche Agentur wie Liliane buchbar bin. Ich lache lauthals, nehme es als Kompliment und drücke ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange.

Die anderen waren inzwischen auch fleißig. Chimera hat aus den gesammelten Pflanzen eine Flüssigkeit destilliert die intensive Halluzinationen auslöst. Diese Droge wird getrunken – mal sehen ob wir sie Rex einflößen können.

Tesla überwacht mit seiner Drohne das Gebäude von CRC Records – ein nichtssagender Betonklotz mit großflächigen Fenstern und leichter Security. Hauptsächlich elektronische Zutrittskontrollen und Überwachungskameras.

DREI

Um 22h30 haben Lilian und ich unser Date mit Rex im Club Pharao. Rex hat Verstärkung mit. Einen seiner Sänger – JASON (bitte alles in Großbuchstaben – ja?) – recht attraktiv, recht hetero, recht macho. Na mal sehen. Rex kennt mich zwar nicht mehr, aber ein paar ins Ohr geflüsterte Worte erinnern ihn schnell an unsere gemeinsame Nacht.

Und wieder läuft nach ein paar Drinks der Smalltalk. Rex schwärmt von Sami (wer hätte das gedacht) und fragt Lilian nach ihren Lieblingssängern. Ich kann ihr per Textnachricht einsagen und Rex ist sichtlich erfreut, dass wir sein Label so gut kennen.

Die Stimmung wird immer besser und wir finden uns alle auf der Tanzfläche wieder, wo wir von vielen Leuten umringt werden. Wie sollen wir hier Rex bloß die Droge in den Drink schmuggeln? Rex singt und tanzt wie ein junger Gott. Seine alten Songs kommen beim Publikum noch immer äußerst gut an. Während der nächsten halben Stunde bringt er die Stimmung zum Kochen und kommt Lilian immer näher. Jason findet zunehmend Gefallen an mir.

Wir ruhen uns danach bei weiteren Drinks aus und finden einen Gruß der Clubleitung auf unserem Tisch. Champagner und ein schön verziertes Holzkästchen – Inhalt: höchstwertiges Kokain. Rex zögert nicht und zieht sich eine Line rein, gemeinsam mit Jason.

Der Anblick des Kokains lässt mich zittern. Ein heißes, intensives, körperliches Verlangen nimmt von mir Besitz. Nahezu willenlos greife ich nach dem Holzkästchen und ziehe mir auch eine Line rein. Das Zeug wirkt nach wenigen Minuten – ich bin im Himmel! So euphorisch und überdreht war ich schon lange nicht mehr. Augenblicklich beginne ich wieder zu tanzen. Und mir ist heiß – viel zu heiß! Mein Abendkleid muss weg!

Nach einem kurzen Striptease stehe ich in Unterwäsche im Club. Auch JASON verliert sein Hemd und zieht mich in eine dunkle Ecke des Clubs. Wir sind ausgehungert wie Raubtiere, auf der Suche nach Körperkontakt. Es folgt schlagartig die Ernüchterung als Jason mir in den Schritt greift und mich kurz darauf angewidert von sich stößt (zu hetero, zu macho, das konnte nicht gut enden). Ich bin ebenfalls geschockt von seinem Verhalten renne davon, schnappe noch schnell mein Kleid und verschwinde in der Toilette.

Lilian ist nun allein mit Rex. Sie schickt eine Nachricht an Adora, Chimera und Tesla mit der Bitte um Unterstützung. Rex drängt jedenfalls zum Aufbruch – er möchte Lilian sein Tonstudio (und sicher noch einiges mehr) zeigen. Kurze Zeit später sind sie dann auch schon in seinem „Amischlitten“ unterwegs dorthin.

Adora und Chimera holen mich aus der Toilette – ich bin noch immer außer mir und stelle mit Schrecken fest, das Lilian verschwunden ist. Wir müssen hinterher. Ich will mich gerade auf mein Motorrad schwingen, werde jedoch von Adora daran gehindert. Sie fährt und ihr Blick lässt keine Widerrede zu. Soll mir recht sein, auch zugekokst habe ich noch genug Verstand mich nicht mit meiner liebsten Jedi anzulegen.

VIER

Im Tonstudio spielt Rex Liliane das neueste Lied seines Starsängers (und Sohns) Liu vor. Und mit einem Bier hört es sich gleich noch lieber Musik. Lilian versucht die heimlich die Halluzinationsdroge in das Bier von Rex zu schütten. Das geht jedoch schief – Rex ist amüsiert und Lilian darf nun das Drogenbier mit Rex teilen. Und wahrlich – Chimera hat die Zutat zu einem Höllengebräu geliefert.

Lilian ist noch so geistesgegenwärtig ihre Sinneseindrücke per Livestream mit uns zu teilen. Kurze Zeit später verfallen sie und Rex in intensive Halluzinationen.

Rex sieht offensichtlich einen anderen Mann, der ihn bedroht – er versucht nach einer imaginären Waffe zu greifen um sich zu verteidigen. Dabei flüstert er die Worte: „Frank! Du kannst nicht hier sein! Ich habe dich beerdigt!“. Danach kollabiert er.

Lilian erzählt mir später von ihrem Horrortrip. Sie hat einen Flashback in ihre Kindheit. Ärzte bedrängen sie, machen sich an ihren Flügeln zu schaffen.

Inzwischen sind wir beim Tonstudio eingetroffen. Tesla deaktiviert alle Sicherheitskameras und Dorothy öffnet uns den Haupteingang. Ich will schon reinstürmen werde aber von Adora zu Tesla geschickt. Ok, wenn’s sein muss Herrin und Meisterin.

Adora und Chimera dringen bis ins Tonstudio vor. Eine Sicherheitstür wird von Adora per Telekinese geöffnet. Sie verschaffen sich schnell einen Überblick über die Lage. Lilian ist komplett in den Fängen ihrer Halluzinationen gefangen aber wenigstens nicht körperlich in Schwierigkeiten. Rex zeigt jedoch keine Lebenszeichen mehr. Verdammt!

Erste Wiederbelebungsversuche scheitern. Ich sehe noch immer nicht ein, was ich bei Tesla soll. Mit Hilfe des Gebäudeplans (von Dorothy) lokalisiere ich einen Defibrillator und laufe mit Höchstgeschwindigkeit los. Sofort verfluche ich meine hohen Schuhe.

Als ich in das Tonstudio laufe werde ich von Lilian attackiert, die mich für einen ihrer Folterärzte hält. Ich kann gerade noch Adora den Defibrillator hinüberschieben bevor ich von Lilian zu Boden gerungen werde. Nicht dass mir das Gerangel mit Lilian zu einem anderen Zeitpunkt kein Vergnügen bereitet hätte – aber jetzt gerät die Situation wieder einmal völlig außer Kontrolle.

Adora reißt Rex das Hemd auf und reicht unserer heilkundigen Chimera den Defibrillator. Die sich prompt von dem Aufladegeräusch erschrickt und die Pads wegwirft. Sind wir denn hier in einem Irrenhaus?

Tesla bewahrt einen kühlen Kopf und platziert die Pads – dafür könnte und werde ich ihn küssen! Bange Minuten verstreichen. Erst der dritte Versuch mit dem Defibrillator ist erfolgreich und Rex zeigt wieder erste Lebenszeichen.

Ich konnte mich inzwischen von Lilian befreien. Es geht ans Aufräumen. Ich habe keine Lust dem Raucher einen weiteren Gefallen zu schulden. Zugekokst (ja – noch immer) macht Hacken doppelt so viel Spaß! Das Sicherheitssystem gewährt mir Zugang. Ich lösche alle Logs. Und jetzt Abflug! Adora löst noch per Telekinese den Feueralarm aus und schon sind wir dahin.

Ich schnapp mir Tesla und eine Flasche Hochprozentiges. Adora kann ich gerade nicht in die Augen schauen, alleine möchte ich aber auch nicht sein. Chimera holt Lilian zu sich in die Wohnung.

EPILOG

Nächster Tag, mit einem ordentlichen Brummschädel empfange ich eine Einladung von Rosi zu einem gemeinsamen Frühstück. Wir treffen einander alle im Cosplay-Café, wo uns Dorothy schon erwartet.

Dorothy ist überrascht und erfreut von unserem direkten und radikalen Ansatz ihren Auftrag zu erfüllen. Den Herzfehler von Rex auszunutzen – sehr elegant. Wir bewahren unser Pokerface (welcher Herzfehler?) und erfahren noch, dass unser angeblicher Plan fehlgeschlagen ist und dass Rex überlebt hat. Dorothy bittet uns so konsequent weiterzumachen und auch alle Spuren zu verwischen wenn sie uns hilft.

Adora fragt Dorothy noch nach Frank – den Mann aus Rex Halluzinationen und teilt ihr auch mit dass Rex ihn für tot hält. Frank war ein Freund und ist vor ein paar Monaten spurlos verschwunden. Offenbar nach einem Streit mit Rex. Er dürfte Rex auch erpresst haben.

Nun ja – spannende Neuigkeiten und möglicherweise ein neuer Ansatz Rex in Schwierigkeiten zu bringen. Wir haben ja beinahe noch drei Wochen für neue Pläne…

Joseph(ine)

PROLOG

Es ist später Nachmittag, die Sonne steht nicht mehr im Zenit. Ihre kräftigen Strahlen wärmen die Luft. Es ist ein herrlicher Sommertag – im kleinen Kaffeehaus in dem ich mit Sarah an einem Tisch im Schatten sitze. Eine gelungene Mischung zwischen Alt und Neu, eine moderne, künstlerische Anmutung gepaart mit Relikten einer näheren und ferneren Vergangenheit schafft eine einzigartige Athmosphäre. Vertraut und beschützt und doch nicht zurückgezogen.

Ich genieße die Gesellschaft meiner geliebten Sarah. In ihrer Gegenwart kann ich einfach ich selbst sein. Ohne Masken. Ohne mich zu verstellen. Meine Beziehung zu Sarah kann ich schwer in Worte fassen. Mutter, Schwester, Vertraute, Freundin, Mentorin – alle diese Bezeichnungen passen und passen nicht. Sarah ist mein Alpha und mein Omega.

In ihre wundervollen Augen hat sich heute ein schelmisches Blitzen gestohlen. Deshalb reagiere ich nur ein wenig überrascht auf ihre direkte Aufforderung:

„Erzähl mir von der Liebe Amine! Von Sex und Erotik! Schenk mir eines deiner Geheimnisse!“

Ich blicke ihr ins Gesicht – in ihre Augen. Mein Herz ist voller Sonne, ich muss zuerst schmunzeln und dann leise lachen.

Amine und die Liebe – was für ein Thema. Ich habe eine kleine Geschichte zu erzählen. Über Liebe, Erotik und Sex. Jedoch kein Geheimnis zu offenbaren – ich habe keine Geheimnisse vor Sarah. Nur noch nicht erzählte Wahrheiten.

„Habe ich dir schon von Joseph(ine) erzählt Sarah?“

EINS

Joseph(ine) kenne ich seit ungefähr einem Jahr. Joseph(ine) ist flüchtig bekannt mit Sarah. Wir sind einander bei einer kleinen Feier – ich weiss nicht einmal mehr den Anlass – begegnet.

Ich war irritiert – ich konnte Joseph(ine) nicht einordnen. Die üblichen Schubladen passen alle nicht. Diese androgyne Erscheinung, die Ausstrahlung von Ruhe und Gelassenheit, die funkelnden Augen, die Energie und eine Aura von ungezähmer Erotik.

Den Rest des Abends haben wir annähernd ausschließlich mit einander gesprochen. Eine Wellenlänge, zwei Wesen. Und eine nahezu unbegrenzte Anziehungskraft auf einander. Philosophie und Kunst, Politik und Technologie, Psychologie und Sex – unser Gespräch führte uns von einem Thema zum anderen.

Wir kamen einander immer näher, körperlich und mental und schließlich hielt mich Joseph(ine) in den Armen. Ich lehnte mich zurück und ließ alle Spannung aus meinem Körper weichen. Hier war ich angekommen und gut aufgenommen.

ZWEI

Wir haben die Feier gemeinsam verlassen. Hand in Hand. Und sind schließlich bei Joseph(ine) im Bett gelandet. Eng umschlungen, Joseph(ine)s Atem an meinem Hals, die ersten sanften Küsse. Ein Spiel, ein Abtasten, ein Wechsel von Nähe und Distanz, ohne Eile.

Mein Atem wurde langsam schneller, Sehnsucht und Begehren trieben mich voran. Unsere Kleider fanden wie von selbst den Weg auf den Boden neben dem Bett. Keine Barrieren mehr, keine Distanz mehr zwischen uns.

Ich erkundetete Joseph(ine)s Körper, so neu und irgendwie vertraut. Die Zeit hatte ihre Spuren hinterlassen, ihre Bilder auf diesen Körper gemalt. Vorbei der Glanz und die Unsterblichkeit der Jugend. Gewichen einer Gereiftheit, einer Schönheit die Zeit gebraucht hatte sich zu formen.

Meine Hände glitten über den Rücken, umfassten die Schultern, streiften durch die langen Haare. Die Zeit bleibt stehen in diesen besonderen Momenten. Ich kann nicht sagen wie lange wir einander gestreichelt und geküsst haben.

Darauf die immer größere Intensität des Verlangens und die Vereinigung, die Verschmelzung. Das Finden eines gemeinsamen Rhythmus, rohe Lust, animalische Triebe, Hormone und Sinnestaumel.

Und dann der Moment der Extase auf den wir beide gewartet hatten. Heraustreten aus dem wachen Bewusstsein. Hinein in eine Welt in der nur noch Empfindungen und Emotionen zählen.

Joseph(ine) und ich lagen einander noch lange in den Armen. Gerade war es noch hemmungsloser Sex der nun Platz macht für Zuneigung und Erotik. Den Herzschlag eines geliebten Wesens spüren, seinen Geruch, den sanften Wechsel zwischen Ein- und Ausatmen. Und der erste Blick in die Augen danach.

Wir haben die Nacht miteinander verbracht. Nur noch wenige Worte gewechselt. Das war nicht mehr nötig. Nur die gegenseitige Nähe zu spüren war wichtig.

EPILOG

„Und dann?“ – Sarah blickt mich mit großen Augen an.

„Am nächsten Morgen habe ich mich mit einem Kuss von Joseph(ine) verabschiedet.“

„Joseph(ine)s Lebensweg und meiner haben einander nur kurz berührt. So ist das Wesen von Joseph(ine).“

„Ich weiss dass ich Joseph(ine) wiedersehen werde. Und ich bin dankbar für die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben.“

Es ist ein wunderschöner Sommertag, den ich mit Sarah verbringen darf. Und es werden noch viele schöne Tage folgen. Ich denke gerne zurück an die Nacht mit Joseph(ine).