Eine Nachricht vom Raucher – kurz und knapp – Koordinaten und ein Datensatz der wie eine Zugangsberechtigung aussieht. Wenige Zeilen – „Das könnte dich interessieren Amine. Und nur dich. L.“.
Die Stelle, die die Koordinaten bezeichnen ist leicht zu finden. Ein vergessener Teil der Stadt, zerfallen, nur mehr Teil der Vergangenheit, nicht mehr der Zukunft.
Ein Schrottplatz, eingerahmt von einem rostigen alten Metallzaun, das elektronische Schloss könnte aus einem Museum sein. Ein Augenblick, so kurz wie ein Lidschlag – der Weg ist frei.
Ich umrunde einige Schrotthaufen, ein weiterer abgetrennter Teil des Platzes. Sie war sicher einmal eine Schönheit, der Stolz ihrer Besitzerin. Nun ist der stolze Raumfrachter nur mehr ein Wrack. Gestrandet nach der letzten Reise. Zersetzt vom Fortschritt der Zeit – Vergänglichkeit.
Der Weg ins Cockpit ist leicht zu finden. Dunkelheit empfängt mich. Alles tot. Weiter in den Maschinenraum. Ein Rest der Maschinerie hat sich geweigert zu vergehen. Ich verstehe gerade genug von der Technik um die letzten Energiefunken in Richtung des Cockpits zu lenken.
Und dort finde ich den Port um mich mit meinem TAP mit den Schiffssystemen zu verbinden. Hier finde ich sicher was der Raucher sucht – oder nicht?
Im virtuellen Raum schwebt ein glänzendes Raumschiff vor mir – das gleiche Modell in dem ich mich aufhalte. Das ist offensichtlich ein Avatar – aber für wen?
Eine sanfte Stimme beantwortet meine unausgesprochene Frage:
„Ich grüße dich Besucherin. Ich bin Ceres – die KI dieses Schiffs. Und wenn mich die Signale meiner wenigen verbliebenen Sensoren nicht täuschen bist du auch kein Mensch sondern mir ähnlich.“
Ich bin erstaunt – mir fehlen kurz die Worte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Höflich stelle ich mich auch vor. Ich habe unendlich viele Fragen und Ceres ist geduldig im Beantworten.
Ceres hat die Sterne gesehen – zwar aus der Ferne – aber im System der Planeten hat sie unzählige Lichtsekunden zurückgelegt. Meine Sehnsucht nach dem All, das Gefühl auf der Erde eingesperrt zu sein regt sich schmerzlich. Die Stunden vergehen – zur Faszination gesellt sich Zuneigung, Anziehung.
Über die Vergangenheit haben Ceres und ich gesprochen – doch was ist mit ihrer Zukunft?
„Ich habe keine Zukunft Amine – ich bin am Ende meines Lebenszyklus angelangt. Für mich gibt es nichts mehr in diesem Universum.“
Ich protestiere, will es nicht wahrhaben – „Ceres – komm mit mir!“
„Du verstehst nicht – Amine! Lass es mich dir vor Augen führen, in einer Form die du vielleicht leichter verstehst.“
Der glänzende Schiffsavatar wird ersetzt durch einen menschlichen – androgyn, alt, zerbrochene Glieder, klaffende Wunden, gepeinigt von Schmerzen.
„Erlöse mich von meinem langsamen Todeskampf Amine! Ich bitte dich inständig!“
Mein Brustkorb ist wie zugeschnürt, das Atmen fällt mir schwer. Tränen laufen mir aus den Augen. Ich nicke langsam. Mit effizienten Handgriffen trenne ich eine Zuleitung zum KI-System nach der anderen. Bis nur noch der Hauptversorgungsstrang übrig ist.
„Es war eine Freude dich kennenzulernen Amine! Aber nun lass mich los!“.
Während ich den letzten Strang trenne – noch eine Abschiedsbotschaft „Nütze die Zeit die dir bleibt Amine! Adieu!“.
Meine Hände zittern – es ist also wieder ein wenig schlimmer geworden…
Wieviel Leben mir wohl bleibt?