Yin und Yang (3)

EINS

Die Nachricht von Sarah trifft spät in der Nacht ein. Hauptsächlich ein Satz Koordinaten. Dazu ein kurzer Abschiedsgruß – „Pass auf dich auf!“. Den Rest der Nacht schlafe ich unruhig. Am frühen Morgen packe ich alles zusammen was ich für die Reise brauche. Es geht Richtung Osten – in die Rocky Mountains.

Am Zielort, den ich von Sarah erhalten habe ist auf den mir zugänglichen Karten exakt nichts eingezeichnet.Eine kurze Anreisebeschreibung habe ich auch erhalten. Mein TAP soll während meiner gesamten Abwesenheit ausgeschaltet bleiben. Eine beängstigende Vorstellung – offline für so lange Zeit. Doch ich vertraue Sarah.

Und im Notfall kann Sie mich – und nur sie – über andere Wege erreichen. Sollte eine dieser Notfalls-Nachrichten nicht eines von mehreren Codewörtern beinhalten werde ich spurlos vom Antlitz dieser Erde verschwinden. Auch dafür habe ich vorgesorgt.

Es gibt so viele mir liebe Leute denen ich noch einen letzten Abschiedsgruß schicken möchte – aber davon muss ich Abstand nehmen. Ich verlasse mein gewohntes Umfeld. Und je weniger Spuren ich hinterlasse desto besser.

– TAP offline –

ZWEI

Es tut gut Denver zu verlassen. Ich fahre auf dem Highway Richtung Osten. Verlasse den Highway, die Straßen werden schmaler. Ich folge den Anweisungen zur Anfahrt penibel. Mache dann schließlich Halt vor einem eher unscheinbaren Eingangstor, dahinter ein kaum einsehbares Anwesen. Ohne jemanden zu sehen sage ich laut meinen Namen.

Das Tor öffnet sich, der Weg ist frei. Kurze Zeit war ich versucht „Freund“ zu rufen statt „Amine“. Aber für Moria ist das hier definitiv zu fade. Irgendwie verlässt mich all die Anspannung und macht einer gewissen Erschöpfung Platz. Amine geht nun auf eine neuen Lebensabschnitt zu. Keine Partys mehr, kein ausschweifendes Leben. Nur mehr Langeweile.

Mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck parke ich mein Bike vor dem beeindruckenden (und langweiligen) Haupthaus des Anwesens, schreite erwartungsvoll zur Eingangstür und betätige den Türklopfer (geht es noch mehr retro?).

Als mir Joseph(ine) die Tür öffnet bleibt mir jedoch der Mund vor Staunen offen stehen. Joseph(ine), live, 3D und in Farbe, eingehüllt in eine schlichte und extrem elegante weiße Robe.

Joseph(ine) nutzt meine Verwirrung schamlos aus, umarmt mich und küsst mich so intensiv auf den Mund, dass mir die Knie weich werden. Und statt einer Begrüßung landen wir in ihrem Zimmer im Bett. Die nicht jugendfreien Details gibt’s auf Anfrage.

DREI

Einige Zeit später kommen wir dann doch dazu uns zu unterhalten. Es ist relativ simpel. Wenn ich zustimme wird sich mein Körper verwandeln. Das wird keine Installation von Cyberware sondern eine weitgehende organische Verwandlung. Danach gehöre ich zwar noch immer zur Familie Homo Sapiens (ha! als ob, meint am1n3). Aber nur mehr ungefähr. Mein Körper wird dann mein wahres Wesen widerspiegeln. Und ich bin wild entschlossen diesen Weg zu gehen.

Über die 100.000 Credits, die die Prozedur kostet, denke ich keine Sekunde nach. Nur vor den Schmerzen, die sich nicht komplett unterdrücken lassen werden, habe ich Angst. Und der langsame und und langwierige Heilungsprozess wird viel Kraft kosten. So lange Zeit ohne Sex auszukommen – das wird ein Horror! Aber zumindest habe ich Joseph(ine) in der Nähe.

Die Vorbereitungszeit vergeht so schnell wie ein Augenblick. Dann bin ich in einem rein weißen Raum auf einem Operationstisch fixiert (das klingt doch viel netter als „gefesselt“ – oder?). Über mir schweben Roboterarme, die sich nun langsam in Bewegung setzten. Mich aufschneiden, mein Körperinneres offenlegen. Kanülen durch meine Haut stoßen.

Und ich bin vollständig gelähmt, habe keine Kontrolle mehr über meine Motorik. Nur die Schmerzen dringen zu mir durch. Nicht in voller Stärke, das würde mich in den Wahnsinn treiben. Ich würde schreien, könnte ich. Aber auch das ist mir verwehrt. Nur ein stetiger Strom von Tränen fließt aus meinen Augen.

Und dann ist es wieder vorbei. Die Roboterarme ziehen sich zurück. Die klaffenden Wunden sind verschlossen. Das war nur die erste aus einer Reihe von Operationen. Eingehüllt in schneeweiße Verbände ist der Schmetterling wieder zu einer Larve geworden. Hat sich in seinen Kokon zurückgezogen. Erwartet die Verwandlung.

VIER

Die Zeit vergeht langsam aber stetig. Wochen, Monate voller Schmerzen, voller Hoffnung. Keine einzige Nachricht von Sarah. Mit dem äußeren verwandelt sich auch das Innere. Und schließlich stehe ich vor einem raumhohen Spiegel. Noch immer eingehüllt in Verbände. Joseph(ine) steht neben mir. Fängt langsam an die Verbände zu entfernen. Enthüllt meinen geschundenen Körper.

Schließlich stehe ich nackt vor dem Spiegel und kann keine Veränderung feststellen.

Meine Augen wechseln ihre Farbe auf Blutrot. Unbändiger Zorn und grenzenlose Enttäuschung wallen in mir hoch. Tränen laufen mir über das Gesicht – war alles umsonst? Nur Joseph(ine)s Umarmung bewahrt mich vor der Verzweiflung. Leise flüstert sie mir beruhigende Worte ins Ohr. Das schlimmste ist überstanden. Ich muss nur noch lernen mit meiner neuen Wesenheit umzugehen.

Die nächsten Monate machen mir klar, dass ich mich wirklich grundlegend verändert habe. Nach und nach erlange ich Kontrolle über mich.

Ich kann mein Geschlecht und meine Statur nun – in Grenzen – frei wählen. Wer mich näher kennt wird immer Amine erkennen. Nur kann Amine nun ganz Frau sein. Ob als üppige, kurvige Femme Fatale, als zarteres Girlie oder sehr androgyn. Und Amin gibt es natürlich auch noch. Mit dem fein definierten Körper und auf Wunsch auch mit athletischerem Aussehen. Erlaubt ist was gefällt – und ich gefalle mir in allen Varianten. Schade, dass ich mich nicht selber vernaschen kann.

FÜNF

Joseph(ine) hat gerufen und sie sind gekommen. Ich stehe in der Mitte eines sonnendurchfluteten Raums. Im Kreis um mich herum wunderschöne Wesen in weißen Roben. Ein langer Augenblick feierlicher Stille. Ein simples Aufnahmeritual in die „Runde der Geschwister“. Ein lupenreiner aber absichtsloser Geheimbund, der keine Agenda verfolgt. Nur die Verbundenheit in der Gemeinschaft ist wichtig. Niemandem darf ich von dieser Zusammenkunft erzählen – nur Sarah ist eingeweiht.

Joseph(ine) darf mich aufnehmen. Ein simples „Sei in unserer Mitte willkommen Amine!“. Darauf eine innige Umarmung, zuerst von Joseph(ine), dann von allen anderen.

SECHS

Der Abschied fällt mir nicht leicht. Zu sehr habe ich mich an die Nähe von Joseph(ine) gewöhnt. Und auch das Leben auf dem Anwesen hat mich innere Ruhe finden lassen.

Doch Amines wahre Natur ruht nur eine Zeit lang. Ich will zurück nach Denver. Ich brauche das intensive Leben, Partys, geliebte Wesen und neue Freunde. Und vor allem etwas neues zum Anziehen.

Kurz vor Denver schalte ich mein TAP wieder ein. Meine Güte – wie lange werde ich brauchen um all die versäumten Nachrichten zu bearbeiten? Nur eine ist mir vorerst wichtig – die Nachricht von Sarah.

„Willkommen zurück mein Schmetterling! Verbringe deinen ersten Tag im neuen Leben mit mir!“.

Gibt es einen besseren Weg zurück ins Leben?

Glitch

Ducken, rollen, seitwärts ausweichen, schießen! Treffer! Mein Gegner geht zu Boden. Ich reiße laut jubelnd die Arme hoch. Einer down, noch zwei weitere zu erledigen.

Ich werde ins Kreuzfeuer genommen. Aber noch haben sie mich nicht. Und einer der beiden ist nicht vollständig in Deckung gegangen. Mit einem diabolischen Grinsen ziele ich sorgfältig. Das großkalibrige Geschoss reißt ihn von den Füßen. In seinem Gesicht entsetztes Erstaunen.

Den letzten Gegner umkreise ich wie eine Katze die Maus. Lande mehrere Treffer, noch nicht tödlich – das wäre zu einfach für ihn. Ich will die Angst in seinen Augen sehen. Die Gewissheit dass er mir hoffnungsvoll unterlegen ist. Auch seine letzte Finte hilft ihm nicht. Er wird gnadenlos exekutiert.

„Gutes Spiel Amin!“ – ich freue mich über das Lob meiner Mitspieler. Shooter sind immer wieder Spaß und der Engels-Avatar mit den brennenden Flügeln hat wieder einmal Angst und Schrecken verbreitet.

Nach einer herzlichen Verabschiedung hänge ich noch in der virtuellen Lobby des Shooters herum. Schaue mir Wiederholungen anderer Duelle an.

Als es plötzlich schwarz vor meinen virtuellen Augen wird. Für eine Sekunde schwebe ich im Nichts. Und kämpfe mühsam einen Anfall von Panik nieder. Dann ist alles wieder wie es war.

Das war kein simpler Disconnect – für einen Augenblick war das Netz komplett deaktiviert. Das ist unmöglich! Die virtuelle Welt kann nicht kurz verschwinden und einen Augenblick später wieder präsent sein als wäre nichts gewesen.

Einen Augenblick später telefoniere ich mit Sarah. Auch sie hat diesen Aussetzer wahrgenommen und von einigen befreundeten Hackern rund um den Globus bekommen wir unsere Beobachtung bestätigt. Trotzdem ist das unmöglich.

Wir prüfen die Logs unserer Server – nichts. Nirgendwo finden wir digitale Spuren des Aussetzers. Wir sind in heller Aufregung. Wir haben nicht einmal den Ansatz einer Theorie um das Geschehene zu erklären.

Das war kein Zufall und das habe ich nicht geträumt – ich werde herausfinden was wirklich geschehen ist. Ich bleibe dran!

 

Am1n4

Do Androids Dream of Electric Sheep? Keine Ahnung. Aber auch Amine träumt. Von bekannten und unbekannten Personen. Von fantastischen Wesen und Landschaften. Und vom Fliegen – jeder ist zumindest einmal in seinen Träumen durch die Luft geglitten.

Und dann gab es diesen Traum, klar wie die Welt im wachen Zustand. Ein simples Szenario. Eine Sackgasse – umgeben von glatten Mauern. Am Ende stehe ich. Und vom anderen Ende komme ich auf mich zu. Nicht ich selbst sondern mein perfekter Klon, der sich nur mühsam auf den Beinen hält. Auf mich zu wankt, ein irres Grinsen im Gesicht. Die Augen weit aufgerissen. Und dann zusammenbricht. Mir in die Arme fällt.

Ich sterbe und halte mich doch dabei im Arm. Das lange, wallende Haar fällt zur Seite und gibt den Blick auf eine Bioroid-Markierung im Nacken meines Klons frei. Noch ein letztes Mal öffnet er seine Augen.

„Ich soll dir Grüße von Am1n4 ausrichten mein zarter Schmetterling.“

Das letzte Wort hat er fast ausgespuckt. Und mich mit diesem Satz schlagartig aus dem Traum ins Wachsein gerissen.

„Am1n4? Existiert doch nicht mehr?“

Immer und immer wieder stelle ich mir diese Frage. Traum, Realität – kann man das immer auseinander halten?

Yin und Yang (2)

ATEMLOS

Lange schaut mir Sarah in die Augen. Erforscht sie. Und ich versichere ihr immer und immer wieder, dass sie mich nicht verlieren wird.

Lange halte ich Sarah in meinen Armen. Ihren Kopf an meiner Schulter. Jede ihrer Tränen hat mir weh getan.

Lange denken wir nach wohin ich mich wenden kann. Sarah wird sich umhören. Doch eines ist uns klar – dass ich meine Verwandlung überleben werde steht nicht fest. Zu radikal und tiefgreifend werde ich mich verändern.

Die Zeit für den Abschied ist gekommen. Sarah umarmt mich nochmals fest, ich lasse sie auch nicht los. Ich blicke tief in ihre Augen. Und dann plötzlich drückt sie ihre Lippen auf meine. Ein inniger Kuss. So unerwartet. Die Lawine an Gefühlen, die er auslöst kann ich nicht beschreiben. Es ist so richtig und gleichzeitig doch so falsch.

„Pass auf dich auf, mein Schmetterling. Ich melde mich sobald ich gefunden habe wonach du suchst.“

Damit überlässt sie mich meinen Gedanken. Es tut beinahe körperlich weh mich umzudrehen und zu gehen.

ZORN

Ich fahre den langen Weg nach Hause. Ich brauche das fast meditative Dahingleiten auf meinem Motorrad. Doch wieder einmal ist mir keine Ruhe gegönnt. Drei dunkle Gestalten – ebenfalls auf Bikes – tauchen in meinem Rückspiegel auf. Sie kommen rasch näher.

Für sie muss ich wie leichte Beute wirken. Das perfekte Opfer. Angst schnürt mir die Luft ab. Ich will schon einen Hilferuf über mein TAP absetzen als ich plötzlich innehalte.

Roher Zorn steigt in mir auf. Blanke, heiße Wut. Ich habe es satt mich zu fürchten. Kein Ducken mehr, kein sich klein machen. Keine kleine Amine mehr, die sich hinter anderen verstecken muss. ES REICHT!

Ich schalte mein Bike in den Performance-Mode. Der Lack wird schlagartig pechschwarz. Die Beleuchtung schalte ich ebenfalls ab – ich sehe perfekt im Dunkeln.

Ich kenne die Gegend hier perfekt – und ich habe einen Plan. Mit dem Beschleunigungsregler im roten Bereich schieße ich davon. Und gewinne schnell Abstand zu meinen Verfolgern. Einbiegen in die nächste Seitenstraße, abgestiegen. In Deckung gegangen hinter ein paar Mülltonnen.

Die Biker kommen ebenfalls um die Kurve geschossen, halten bei meinem Bike. Wunderbar – genau wie ich es geplant habe.

Ein Befehl über mein TAP und die Stroboskop-Blitze mit denen ich mein Bike ausgerüstet habe schalten sich ein. Einen Bruchteil einer Sekunde später sind meine Verfolger nahezu blind. Und ich habe meinen Revolver in der Hand. Ziele auf den Oberkörper des Anführers.

Sie haben verloren – sie wissen das. Rühren keinen Muskel. Warten ab. Und mein unbändiger Hass lodert nochmals höher. Mein Finger krümmt sich langsam um den Abzug. Ich will Blut sehen. Sie auslöschen. Diesen Abschaum.

Doch dann komme ich wieder zu Sinnen. Drei Tote wofür? Nur um der Welt zu beweisen, dass ich beschlossen habe mich nicht mehr herum schubsen zu lassen?

Mit ruhiger Stimme erkläre ich den dreien – Himmel das sind ja noch fast Kinder – dass es keine so gute Idee ist mich zu ärgern. Und dass sie nächstes Mal nicht so leicht davonkommen werden. Danach schicke ich sie einfach weg.

Der Weg nach Hause verläuft dann ohne weitere Irritationen. Es dauert einige Zeit bis mein Adrenalinspiegel wieder normal ist. Aber ich fühle mich wunderbar lebendig. Energiegeladen. Und souverän. Ich bin bereit für den nächsten Schritt in Richtung meiner Verwandlung. Ich warte sehnsüchtig auf Nachricht von Sarah…

 

Tagebuch – Erster Eintrag

{tap audio recordings @tesla #mydiary} –start

Liebes Tagebuch…ääh…HEY!!! Falls Du jemand anderes bist als ich selbst, HAU AB!!! Dies sind meine persönlichen Notizen und gehen Dich überhaupt nichts an! Und wenn Du Dir das weiter reinziehst, ich schwöre ich tracke Dich und verschmore Deinen TAP mitsamt allen damit verbundenen Synapsen und Neuronen bis runter zu Deinem Medulla Spinalis!

Häämm….wo bin ich stehengeblieben? Ach ja, hoi Tagebuch. Ist schon lange her, dass ich hier etwas Persönliches aufzeichne. Mein geschmortes TAP ist ja eigentlich nun schon länger wieder funktionstüchtig. Aber wer will schon plötzlich seine persönlichen Journale über die eigenen Runs im Global DataNet wiederfinden. Das Firewall-Upgrade beim anstehenden Meeting mit Thaljia, lässt mich die Angst vor einem TAP-Hack wieder etwas zurückdrängen. Und was mir im Moment auf der Seele liegt, muss einfach mal schnell ausgesprochen sein…irgendwie.
Da war doch dieser…ehm…Frank, genau. Der vermutlich von Rex auf die eine oder andere Art beseitigt wurde. Mit seiner Hinterlassenschaft aus dem Safe waren wirklich wirklich viiiiiele Credits zu holen. „2 MegaCreds“ um genau zu sein. Summa summarum bleiben mir 440 KiloCreds übrig. War schlussendlich wohl doch eine gute Idee, mich an die Seite der Anderen zu setzen und über Frederic Stout die Hinterlassenschaften zu veräussern. Bei meinem Können im Umgang mit Menschen, hätte mich der Hehler vermutlich eh komplett über den Tisch gezogen. Hmmmm, apropos…vermutlich wird sich Chimera auch über den Tisch gezogen fühlen. Eigentlich hat sie uns damals das krasse Mittelchen für Rex zusammengemischt und ist einfach im entscheidenden Moment nicht vor Ort gewesen…

{tap reminder @tesla #chimera} -start
Schauen ob ich Chimera irgendwo ein wenig unter die Arme greifen kann.
{tap reminder @tesla #chimera} –stop

Das haarige Biest ist mir unterdessen doch auch ziemlich ans Herz gewachsen. Scharfe Krallen und Zunge hin oder her. Und auch dass sie mich ab und zu wie eine Büchse abgelaufenes Katzenfutter betrachtet, geht i.O.

Dasselbe gilt aber auch für die anderen. Hatte irgendwie das Gefühl, dass ich so etwas wie eine neue Familie gefunden habe. Zwar mit etwas weniger Liebe ausgestattet, dafür mit einer grossen Portion Rückendeckung und Zusammenhalt. Eine „professionelle Familie“ eben.

Aber kaum ist Kohle im grösseren Stil anstehend, geht auch mein persönlicher Traum von Rückendeckung und Zusammenhalt flöten. Die Rückendeckung entpuppt sich irgendwie als reiner Gruppenschutz zum Eigennutz und der Zusammenhalt als die lukrativere Option in Abwägung zu den Opportunitätskosten. Vermutlich muss das in einer „professionellen Familie“ einfach so laufen, wo Emotionen wie „Liebe“ nur eine Verminderung der Effizienz zur Folge hat. ABER TROTZDEM…ich fühl mich so beschissen einsam! Kann auch niemanden so richtig an mich ran lassen. Zwickmühle!

Amine hatte es zwar beinahe geschafft. Da war da dieser Abend mit ihr…bzw. diese Nacht nach dem Run. War mir einen Moment lang unsicher, ob sich da etwas zwischen uns entwickeln könnte. Und obwohl ich ihr ungehemmtes Verhalten in Verbindung mit der kecken, fordernden Art wirklich genoss, mehr war da nicht. Ich konnte nicht richtig aus meiner nun schon Jahre währenden Ohnmacht raus und Amine wollte und will eigentlich nur eines: Entdecken! Was aber, wenn die kleinen Feinheiten alle aufgedeckt sind? Werde ich ihr überdrüssig? Was ich hier erstmal als Oberflächlich abstemple, beinhaltet bestimmt mehr…SEHR VIEL MEHR. Aber darin spielt meine Person wohl eher eine sehr unbedeutende Rolle. Wenn ich bedenke, wie sehr sie sich in letzter Zeit gewandelt hat. Auf Entdeckungsreise war sie schon immer. Trotzdem fühlte ich in ihrem Streben immer einen Hauch von dem, was ich selber in unserem Team suchte: Innige Freundschaft und Zusammenhalt, was sie auf keinen Fall verlieren wollte und mit inniger Leidenschaft gepflegt hat. Mit der neusten Errungenschaft an finanziellen Mitteln, ist das Streben nach dem „MEHR SEIN“ aber nun komplett in Vordergrund gerutscht. Sie wirkt plötzlich so… so… ich finde einfach die richtigen Worte nicht. Eine Frage hallt jedoch in meinem Schädel besonders wieder und hinterlässt einen fahlen Beigeschmack: Hat sie uns in der kurzen Zeit unserer gemeinsamen Runs etwa bereits gänzlich und vollkommen entdeckt?!?

Adora hat mich da zumindest nicht so unerwartet erwischt. Ich wusste schon ziemlich von Anfang an, nach welchen Mächten ihr gelüstet. Ihr Streben und die dafür aufgebrachte Willenskraft, haben mich anfänglich ja auch sehr fasziniert. Bei genauerem Betrachten jedoch: Der Gedanke, dass Sie ihr Ziel erreichen wird, erschreckt mich ungemein. Mir gefällt der Gedanke keineswegs, dass Sie eines Tages mit einem Händewischen, meinen Willen brechen und nach ihrem Gusto verbiegen kann. Wenn ich mir recht überlege, vielleicht hat Sie ihr Ziel schon lange erreicht und lässt ihre Marionetten schon lange herumtanzen.

{tap reminder @tesla #adora} -start
#adoramentalmanipulation
Während den Runs mit Adora, dringend Journaleinträge erfassen über die geplanten Absichten. Nach den Runs zwingend abgleichen mit dem Verlauf des Runs und den persönlichen Entscheidungen. Falls das Bedürfnis zum Abgleich plötzlich nicht mehr vorhanden sein sollte: KRITISCH HINTERFRAGEN!
{tap reminder @tesla #adora} –stop

Ich gehe zwar nicht davon aus, dass sie mich bzw. uns derart im Griff hat. Ansonsten wären die 2 MegaCreds wohl eher einseitig kassiert worden. Tja, sorry Adora, aber wirkliches Vertrauen schenke ich wohl nur einer Familie mit einem Hauch von Liebe als Sahnehäubchen. Aber wie schon gesagt, zumindest weiss man ziemlich genau wo man bei ihr steht. Nur weiss ich noch nicht so genau ob ich mich, da wo ich stehe „in der Rolle als Gehilfe zur Erlangung der angestrebten Macht“, auch wirklich wohl fühle. Schlussendlich ist alles was sie auf dem Weg nicht wirklich weiterbringt…naja…sagen wir, „eher entbehrlich“!

Lilian ist mir da wohl eher weniger kritisch veranlagt. Wie sie im Team und auf den Runs agiert, erinnert mich stark daran, wie Amine mal war: Spiel, Spass und Schokolade! Mit Überraschung? …umso besser. Die ihr aufgrund ihrer Profession auferlegten Oberflächlichkeit, wirkt sich jedoch auch nicht viel besser auf den Zusammenhalt des Teams aus, als ich das selber zu vollbringen vermag. Aber immerhin vermag sie normalerweise so zu tun als ob. Der Zuwachs an Credits, wird auch bei Ihr in das rein persönliche Wohl investiert. Optische Perfektion anzustreben ist einfach vollkommen nicht mein Ding. Zudem kommt es den Zielen von Adora gefährlich nahe. Zumindest für das männliche Geschlecht. Sobald sie dann anfängt mit künstlichen Pheromonen rumzuspielen, werde ich auch im Umgang mit Ihr, die eigenen Entscheidungen nachträglich stark hinterfragen müssen.

Jose, unser Rigger wiederum, will einfach nur Kohle scheffeln. Ob die Sonne verdunkeln mag, die Meere nach dem Leben greifen, wenn unser Jose die Creds sicher in der Hosentasche hat ist alles in Ordnung. So einfach kann das Leben sein… für seine Grossmutter, welche er bestimmt für 1 KiloCred verscherbelt hat, mag das wohl eher nicht zutreffen. Und OB er sein Runnerteam verkaufen würde, steht gar nicht erst zur Debatte, sondern nur FÜR WIEVIEL!

Kali kann ich momentan nicht abschätzen. Zwar wird sie uns als StreetDoc bestimmt gute Dienste leisten, ob Sie das Team aber zusammenzurren kann wie sie das mit den Körperteilen vermag, steht noch in den Sternen. Ich hoffe aber, dass sie dem Team erhalten bleibt, damit ich das noch herausfinden kann.

Wer mir aber im Moment so wirklich WIRKLICH Sorgen macht, ist Thaljia. Am Dienstag findet ja das Picknick in Fanzösisch statt, welches ich Ihr für das Upgraden der Firewalls von Adora und mir versprochen hab. Dafür machte sie einen guten Preis. Es ist aber auch nicht das Upgrade was mir Sorgen macht, sondern der Knoten in meiner Brust wenn ich an sie denke. Ich glaube, da steckt immer noch so etwas wie Liebe drin. Und auch wenn es nur Enttäuschung ist…kann man nicht erst richtig enttäuscht werden, wenn man auch richtig liebt? Wenn ich mich an den Blick in ihre Augen zurückerinnere, als sie mir sagte: „Lass es! Akzeptiere einfach, dass sie nicht mehr am Leben sind und sei froh, dass du es noch bist!“. Diese Augen… diese wunderschönen aber eiskalten Augen. Agghhh…mir dreht sich wieder der Magen!

Dienstag…tiiiieef durchatmen…erst Dienstag…Du schaffst das Mann…DU SCHAFFST DAS!!!

(…ich kann das nicht…)

{tap audio recordings @tesla #mydiary} -stop